Wie digitalisiert man Waschpulver? oder: Wie bagatellisiert man Digital!


“Wie digitalisiert man Waschpulver?”
– unter dieser Überschrift hatte ich letzte Woche einen knackigen, inspirierenden Wiwo-Artikel erwartet. Wurde aber enttäuscht. Bekam ich doch allein Indizien dafür geliefert, dass Henkel weit hinter der Entwicklung zurück scheint. Wow!
(Alle Zitate stammen aus dem Wiwo-Artikel zu Henkels Digitalstrategie.
Analog und Digital kommentieren Simone Bagel-Trahs Digitalstrategie.)

“Persil habe schon sehr früh innovative Werbeformen genutzt, erzählt Simone Bagel-Trah, Vorsitzende des Gesellschafterausschuss beim Düsseldorfer Persil-Hersteller Henkel, … “Einer der meist gesehenen Spots im Kino hat für Persil geworben. Unter dem Slogan: Wäsche. Waschen. Wohlergehen.” Damit haben die Düsseldorfer sozusagen schon vor Jahrzehnten das “www” vorweggenommen.”

> Analog lacht, Digital fühlt sich nicht ernst genommen. Der Interviewer merkt nichts.

“Natürlich hat Persil eine Facebook-Seite”, sagt Bagel-Trah, “und eine Wäsche-App, die nützliche Tipps gibt, wie man beispielsweise hartnäckige Flecken beseitigt.”

> Analog ist zufrieden, Digital meint, es gäbe mehr als facebook da draussen. Digital empfiehlt, Persil zum Medium zu machen, Henkel zum Publisher. Digital sagt, eine Wäsche-App, die “nützliche Tipps” gibt, ist so 1980.
Digital möchte nicht allein Produktanwendungen (allerdings ein wenig intelligenter) offerieren, sondern Produkt- und Business-Lösungen. Will gar neue Geschäftsmodelle entwickeln und Sinn stiften. Waschen ist doch mehr als Waschmittel!

“In Amsterdam und München betreiben die Düsseldorfer einen Wash&Coffee-Shop.”

> Analog nickt anerkennend, Digital erkundigt sich, ob der Interviewer vielleicht nachhaken, nach dem Digitalen im Analogen fragen könne. Schweigen.

“Am Start haben die Düsseldorfer schon einen Persil-Service, der in großen Unternehmen einen Service-Point betreibt, an dem Mitarbeiter ihre schmutzige Wäsche deponieren und am Tag darauf frisch gewaschen abholen können.”

> Analog will mitmachen, Digital erkundigt sich, ob der Interviewer vielleicht nachhaken, nach dem Digitalen im Analogen fragen könne. Weiterhin Schweigen.

“… wird Henkel einen Chief Digital Officer einstellen. Bagel-Trah: “Die Digitalisierung ist klarer und wichtiger Teil unserer Strategie. …”

> Analog meint, dass sei doch nun wirklich nicht notwendig. Digital ist ein Hype, der sich bald wieder verflüchtigt. Digital meint, ein CDO werde nicht reichen, und er komme viele Jahre zu spät. Digital ist überzeugt, man brauche einen Paradigmenwechsel vom Kopfe herab. Auch der Henkel-Fisch stinke vom Kopfe her. Erst dann könne der dringend notwendige Kulturwandel begonnen werden. Wobei Kultur nicht verordnet werden kann. Der Kulturwandel ist jedoch die Basis aller Zukunftsfähigkeit. Kultur ist die neue Strategie!

“… Den Namen des neuen CDO nannte Bagel-Trah nicht. “Wir sind aber kurz davor.”

> Das klingt überzeugend. Wir sind gespannt.

> Nein, sind wir nicht! Im Gegenteil! Ich bin enttäuscht!
Enttäuscht, dass der Wiwo-Redakteur nicht nachhakt. Das hilft weder ihm, noch den Lesern, noch Simone Bagel-Trah.
Enttäuscht, dass ein “Weltmarktführer” noch immer keine digitale Strategie besitzt – geschweige eine digitale Kultur!
Enttäuscht, dass keine (Top-)Führungskraft, kein Mitarbeiter, keine Agentur, kein organisierter Unternehmensberater in den letzten Jahren zu Simone Bagel-Trah durchgedrungen scheint, um ihr die Relevanz dessen ans Herz zu legen.
Enttäuscht, dass man anscheinend den Unkenrufen einiger Enttäuschter (zB P&G) mehr Glauben schenkt bei Henkel als den Realisten unter den Digitalen.
Enttäuscht, dass selbst der vielgelobte (nicht von mir gelobt, sorry) Henkel-CEO Rorstedt keinen digitalen Kulturwandel initiierte.
Enttäuscht, wie stark das Henkel-(Top-)Management anscheinend im (analogen) Elfenbeinturm verharrt. Wie wenig es von der Realität der letzten Jahren da draussen mitbekommen zu haben scheint.

Enttäuscht, dass man anscheinend den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht, weder Foresight noch Fantasie genug hat, das Richtige einfach zu tun.

Aber dann wiederum denke ich mir: es ist ja nur ein Artikel. Die Simone macht das schon.