Eine kurze WOW!-Replik zu “Mental Health: Stress ist nicht per se negativ, er wird nur oft so empfunden“

Ich muss meinen gestrigen Linked In Kommentar mit Euch teilen, denn es wird Zeit, dies Problem zu thematisieren:

Wir erweisen uns – und vor allem unseren Leuten – einen Bärendienst, wenn wir unter dem Deckmäntelchen Mental Health nun ihnen allen zusätzlich zu all ihrem Stress auch noch den Stress aufbürden, sich selbst von dem Stress zu befreien, den das Management ihnen in the first place aufbürdet(e).
Ihr merkt an diesem kleinen Satz wie recht ich habe, oder?

Ich kommentierte mit den folgenden Zeilen den sich redlich bemühenden und kümmernden Artikel einer Agentur-COO, die nur das Beste im Schilde führt für die eigenen Leute.
Aber wie so oft ist gut gemeint, … naja, Ihr wisst schon.

Es geht also nicht um die beteiligten Personen und Agenturen. Da könnte jede und jeder von uns stehen. Bemüht Euch bitte um Abstraktion vom speziellen Fall, hin zu Eurem eigenen Unternehmen. Danke.

Hier mein Kommentar – ein wenig lesbarer:

Ein wundervoller Artikel. – Wundervoll, wie einfach es sich das Management wiedermal macht. Sorry, ich muss das hier so Tacheles-mäßig schreiben, es ist kritisch-konstruktiv gemeint.

Tatsächlich geht es am Ende auch in diesem Artikel allein um Kostenminimierung und Profitmaximierung – nicht um den Menschen: “das wiederum beeinflusst die Produktivität und hat negative Auswirkungen auf das Employer Branding. Hinzukommen erhebliche Kosten für externe Kräfte – wie Freelancer oder Interimsmanager – und zusätzliches Recruiting.”

Negative “Produktivität”, negative “Auswirkungen auf das Employer Branding”, “erhebliche Kosten für externe Kräfte”* im Übrigen, die das Management mit seinem ‘Businessmodell’ erst erzeugt. Der Stress ist Folge dessen. (* Warum überhaupt “externe Kräfte”? Ist die HR überfordert? Gar gestresst? Manches sollte man intern lösen, mit den Menschen, nicht über ihre Köpfe hinweg.)

Idee: Warum kann eine Agentur, ein Unternehmen nicht bei sich selbst anfangen, diesen TOXischen Stress, diese TOXische ‘Kultur’ infragezustellen, statt als Gott- oder Business-gegeben hinzunehmen? Warum muss jede/r Einzelne an sich arbeiten, statt das Unternehmen, die Agentur an sich? Ersteres ist doch total ineffizient. Hunderte, gar tausende Mitarbeiterïnnen sollen an sich arbeiten, statt das Unternehmen mit seinem Topmanagement und seiner HR an sich selbst arbeitet.

Den Mitarbeitenden die Schuld am Stress(-Empfinden) geben: “Denn Stress ist nicht per se negativ, er wird nur oft so empfunden.”. Um was geht es denn sonst, wenn nicht um die Empfindungen der Menschen? Das ist doch die wahre Definition von Stress!

Klar, Stress ist nach Sicht des Unternehmens Einbildung, Interpretation und Fantasie: “Situationen auf Wahrheit zu prüfen und sich von emotionalen Interpretationen und Schwingungen”

Suboptimale Lösung: Symptom- statt Ursachenbekämpfung: “psychische Widerstandsfähigkeit zu trainieren” und “Energiebooster durch positive Psychologie” – Wir bekämpfen Symptome statt Ursachen. Ist ja auch billiger.

Suboptimale Lösung: Da die Mitarbeiter sozusagen Schuld an ihrem Stress sind, sollen sie auch eine Lösung finden: “Mitarbeit*innen werden befähigt, optimistisch und aktiv nach Lösungen zu suchen und Herausforderungen strukturiert anzugehen”.

Idee: Warum macht das nicht das Management? Denn woher kommt schließlich der Stress? Siehe oben.

Suboptimale Lösung: Auch das Management soll eher sich #selbSTOPtimieren, statt das Unternehmen, die Agentur zu optimieren und den TOX Stress, die TOX Kultur zu verjagen: Führungskräfte sollen “als allererste lernen, mit Stress, Ängsten und Druck umgehen zu können und sich selbst eine mentale Resilienz zu erarbeiten.”

Idee: Warum ist das Unternehmen nicht einfach resilient und dem Druck des Marktes und der Zentrale gewachsen? Indem es sich zB weniger unerreichbare Ziele setzt. Indem es weniger unerreichbare Timings vom Kunden akzeptiert. Indem es die eigenen Mitarbeiterïnnen, ihre Kreativität, ihre Kompetenz, ihre Gesundheit zum Nukleus allen unternehmerischen Denkens & Handelns macht – statt Profit und die Ziele der Zentrale.

Suboptimale Lösung: “Natürlich kann auch die Organisation …” Könnte. Aber dann doch nicht so wirklich. Das entschuldigen Unternehmen und Management dann mit ‘Praktikabilität’, ‘Effizienz’, ‘Realmanagement’, ‘Sachzwang’. Sie sollten sich lieber sagen, dass ‘Sachzwänge = Menschliches Versagen’ sind. In diesem Doppelten Sinne. Und dass ‘Effizienz die Effektivität der Dummen’ ist.

Suboptimale Lösung: Und klar, dieser Weg des geringsten Widerstandes (des geringsten Widerstandes von Kunden und Zentrale) verschafft nun jedem Einzelnen im Unternehmen noch mehr Stress: “Nichtdestotrotz liegt es an jedem einzelnen, …”.
Das war aber doch überhaupt nicht die Idee, die Herausforderungen an die Einzelnen noch höher zu schrauben, auf ein komplett neues Niveau … des Stresses.

Idee für die Richtung einer sich richtiger anfühlenden Lösung:

Warum nicht aufhören mit der #selbSTOPtimierung Einzelner? Sondern Optimierung im Sinne Stressdetox, Businessdetox, Leadershipdetox, Purposedetox, ja Purposedetox, und CSRdetox des Unternehmens, der Agentur an sich anstreben?

Corporate Social Responsibility beginnt bei den eigenen Leuten, wo sonst? Beginnt beim eigenen Produkt, beim eigenen Business. Aber eben nicht bei jeder und jedem Einzelnen, sondern beim Unternehmen, das sich selbst und sein Leadership und seine Ziele, seine Vision zuersteinmal infragestellt. Und zuersteinmal bei der Hauptaufgabe des Leaderships beginnt, den Menschen die Steine – à la Stress – aus dem Wege zu räumen, und ihnen nicht noch mehr Stress zu machen.

#stopmakingsense #biggerpicturegreatergood #detoxorbetox